Ein Brief an unseren Körper könnte bei Vielen von uns in etwa so lauten: "Du kennst meine Geschichte. Du hast mit mir all das Schöne, aber auch das Schmerzhafte, Verletzende, scheinbar Unaushaltbare erfahren. Du hast all das empfunden und es für mich dadurch erlebbar gemacht. Während ich mich nicht an alles erinnern kann, tust du es in allen Einzelheiten. Du akzeptierst, dass Teile dieser Erinnerungen für mich so unangenehm sind, dass ich sie nicht in mein Bewusstsein lassen kann. (Er)trägst, dass sie dadurch unbewusst für mich lebendig sind in dir. Dass sie mein (Er)Leben in allen Bereichen täglich beeinflussen und prägen nehme ich garnicht wahr.
Eine Schutzreaktion. So gut verinnerlicht. Meine Lösung liegt darin, meine schmerzhaften Erinnerungen nicht wahrzunehmen. Also ist meine Lösung gleichzeitig, dich nicht wahrzunehmen. Ich habe unseren Kontakt unterbrochen, weil ich dich mit dem, was du erinnerst, nicht gerne spüre. Ich weiß, dass es dich gibt, aber ich trete nur äußerlich mit dir in einen Kontakt. Indem ich dich bewerte, forme, kritisiere. Innerlich sind wir wenig verbunden. Mich in dir zu verorten statt dich von außen wahrzunehmen, ist mir unbekannt. Ich habe garnicht bemerkt, wann ich dich verloren habe.
Aber - Ein Brief an dich ist ein Brief an mich. Wir sind eine Einheit. Ich bin in dir zuhause. Eine Kritik an dir ist eine Kritik an mir.
Keine besonders schöne Erkenntnis. Es wäre schön, wenn wir uns wieder etwas besser kennenlernen könnten. Auch wenn ich dabei Fühlen werde. Das Schönste und zugleich Beängstigendste in meinem Leben."
Unseren Körper anzunehmen, wie er ist, ist ebenso bedeutend, wie unsere Vergangenheit anzunehmen, wie sie ist. Es gibt ein Zitat, das aussagt, dass sich unsere Vergangenheit wiederholen wird, solange wir sie nicht sehen wollen oder können. Das klingt hart, aber es ist wahr. Alles, was in unserem Unbewussten liegt, führt ein Eigenleben (in uns) und damit auch in unserem Leben. Wir denken gerne, wir hätten sowohl Kontrolle als auch Beziehung zu unserem Körper. Indem wir Faktoren wie Bewegung und Ernährung berücksichtigen. Das, was der Großteil von uns mit Körperlichkeit assoziiert. Wir nehmen an, dass wir, indem wir unser Bewusstsein von unserem Körper trennen und nach außen verlagern auch eine "richtige" Haltung gegenüber unserem Körper entwickeln. In allen eben genannten Fällen sind wir jedoch nicht in Verbindung.
Ein Körper, dem zugehört wird, der sich wahrgenommen weiß und verbunden, muss sich nicht in seiner Symptomatik wiederholen.
Ein Körper, der immer wieder uns belastende, einschränkende Symptome zeigt, tut dies aus guten Gründen. Und dabei ist er wie ein kleines Kind, das versucht, etwas mitzuteilen. Aber niemand hört ihm zu. Vielleicht hört es irgendwann auf, sich mitzuteilen - wobei sein Anliegen ja erhalten bleibt. Oder es insistiert wieder und wieder bis es Aufmerksamkeit bekommt.
Erst im wirklichen Kontakt, in der liebevollen Zuwendung, dem Zuhören, liegt eine Möglichkeit zur Veränderung.
Wenn wir uns wirklich Veränderung wünschen, sind wir dazu aufgerufen, unseren Körper, unser ICH zu begreifen. Fühlen zu lernen.
Unser Körper ist unser Zugang zur Fähigkeit der Selbstregulation. Ohne Körperkontakt, ohne Fühlen, können wir uns selbst und unser Nervensystem nicht nachhaltig regulieren. Dann betreiben wir Schadensregulierung aber wir dringen nicht zur Basis vor.
In der Fähigkeit zur Selbstregulation liegt die Fähigkeit zur Integration. Und Integration ist ein Heilungselement.
Es ist ein Prozess, der sich in Schritten vollzieht, aber es ist einer, der unsere Art im Leben zu sein, grundsätzlich verändern kann.
Lebensfreude und Gesundheit ist Fühlen. Und Fühlen findet im Körper statt.
Wie liest sich ein Brief an deinen Körper? Bist du bereit, dich kennenzulernen?
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